Kapitel 3
Theresa hob den Kopf und blickte hinüber. Sie sah, wie Stephanie mit einer Schürze bekleidet dastand und einen Löffel in der Hand hielt.

Als Stephanie Theresa erblickte, stockte ihr Lächeln nur einen winzigen Moment, bevor sie sanft sagte:

„Bist du die Gastfreundin meiner Tante? Es ist günstig, dass ich etwas Hühnerbrühe gekocht habe. Komm doch herein und setz dich.“

Stephanie strahlte eine natürliche Gelassenheit aus, ganz die perfekte Hausherrin. Es wirkte fast so, als sei Theresa hier lediglich der Gast.

Natürlich, in nicht allzu ferner Zukunft würde Stephanie tatsächlich die Hausherrin sein.

Theresa runzelte die Stirn. Sie empfand eine tiefe Abscheu gegenüber Stephanie.

Als Theresa und Alexander geheiratet hatten, war dies der ganzen Stadt bekanntgegeben worden. Stephanie hatte ihnen damals sogar ein Glückwunschschreiben geschickt. Sie konnte unmöglich nicht wissen, dass Theresa Alexanders Ehefrau war.

Als Stephanie bemerkte, dass Theresa unbeweglich in der Tür stand, kam sie schnell herüber, um ihre Hand zu nehmen:

„Sei doch nicht so förmlich. Komm rein.“

Als Stephanie näherkam, wehte ein zarter Hauch von Jasmin durch die Luft. Genau dieses Parfum hatte Alexander Theresa letztes Jahr zu ihrem Geburtstag geschenkt. Es war exakt derselbe Duft.

Theresa spürte ein Brennen in ihrer Kehle, das Atmen fiel ihr schwer. Es war, als ob ihre Füße plötzlich mit tonnenschweren Gewichten beschwert wären und sie keinen Schritt vorankäme.

Lisa bemerkte, dass Theresa immer noch wie angewurzelt dastand, und zog missmutig die Stirn in Falten:

„Theresa, was stehst du denn da herum? Wenn Gäste im Haus sind, kannst du ihnen doch wenigstens ein Glas Wasser anbieten!“

Theresa wandte sich zu Lisa um. Sie wusste genau, dass sie diese Frage nicht stellen sollte, aber dennoch entfuhr sie ihr:

„Mama, warum ist sie bei uns zu Hause?“

„Stephanie ist zurück aus dem Ausland. Natürlich kommt sie mich besuchen. Was ist daran so schlimm? Willst du ihr etwa verbieten, unser Haus zu betreten? Außerdem habe ich Alexander bereits gefragt, und er hatte nichts dagegen. Was hast du also für ein Problem?“

„Das habe ich doch gar nicht gemeint“, murmelte Theresa und senkte den Kopf.

„Ach, du bist also Theresa? Als Alexander geheiratet hat, hat er mir nie ein Foto von dir gezeigt. Ich habe dich auf den ersten Blick nicht erkannt. Bitte sei nicht böse“, sagte Stephanie mit einem strahlenden Lächeln.

Theresa starrte Stephanie an, deren Gesicht so voller Lebensfreude war.

Natürlich würde Alexander der Frau, die er am meisten liebte, niemals seine Hochzeitsfotos mit einer anderen Frau zeigen.

Lisas scharfe Stimme hallte erneut durch den Raum.

„Willst du nicht endlich Wasser für Steffi holen?“

Theresa nickte, griff nach der Thermoskanne mit heißem Wasser und begann, das Glas zu füllen.

Währenddessen saßen Stephanie und Lisa bereits gemütlich auf dem Sofa. Lisa nahm Stephanie die Schürze ab und lachte so warmherzig, wie Theresa es noch nie bei ihr gesehen hatte.

Theresa unterdrückte das Unbehagen in ihrem Inneren und brachte das Glas Wasser zu Stephanie.

Stephanie berührte mit ihrer Hand vorsichtig den Rand des Glases.

Theresa wusste, dass das Wasser heiß war, und wollte verhindern, dass Stephanie sich verbrannte. Doch bevor sie reagieren konnte, geschah es, Stephanie ließ das Glas absichtlich umkippen. Das heiße Wasser ergoss sich über ihre Hand.

Theresa zog scharf die Luft ein, doch Stephanie schrie sofort auf.

Lisa fuhr erschrocken herum, ihre Stimme klang besorgt: „Was ist los?“

In Stephanies Augen glitzerten Tränen, während sie beschwichtigend antwortete:

„Es ist nichts, Tante. Theresa hat das bestimmt nicht absichtlich gemacht.“

Als Lisa den roten, geschwollenen Handrücken von Stephanie sah, verfinsterte sich ihr Gesicht. Sie drehte sich zu Theresa um, und ohne zu zögern, hob sie die Hand und schlug ihr ins Gesicht.

Theresa war wie betäubt. Der Schmerz war weniger schockierend als die Tatsache, dass Lisa sie so impulsiv geschlagen hatte. Sie konnte nicht glauben, dass Lisa wirklich zu so etwas fähig war.

„Wie kannst du nur so unachtsam sein?“ fuhr Lisa Theresa scharf an. „Weißt du überhaupt, dass Stephanies Hände zum Klavierspielen da sind? Wenn ihre Hände durch die Verbrühung geschädigt werden, glaubst du, dass du mit den Mitteln eurer Familie dafür aufkommen kannst?“

Theresas Gesicht brannte von dem Schlag, doch in ihrem Inneren fühlte sie sich, als wäre ihr eine Ladung eiskaltes Wasser ins Herz gegossen worden. Sie drehte den Kopf zu ihnen und entgegnete:

„Stephanie hat das Glas selbst umgestoßen. Was hat das mit mir zu tun?“

Lisa funkelte Theresa zornig an. „Du wagst es, mir zu widersprechen? Jemand soll kommen und Theresa einsperren!“

Kaum waren die Worte gesprochen, tauchten zwei Hausangestellte auf und packten Theresa an den Armen.

Theresa wurde kreidebleich, als ihr klar wurde, was passieren würde. Sie begann, sich verzweifelt zu wehren. „Lasst mich los! Lasst mich los!“

Doch ihre Kräfte reichten nicht aus, und sie wurde in einen finsteren Raum gezerrt.

Als man sie hineinwarf, war es so dunkel, dass sie nichts mehr sehen konnte. Sie tastete verzweifelt gegen die verschlossene Tür, bis ihre Beine schließlich nachgaben und sie zu Boden sank.

Theresa fühlte, wie alle Kraft sie verließ. Ihr Körper begann zu zittern, und sie vergrub den Kopf in ihren Händen, während sie in der Dunkelheit mit ihrem Schmerz rang.

Im Wohnzimmer klingelte währenddessen unaufhörlich Theresas Handy.

Lisa, die gerade Stephanies verbrühte Hand behandelte, hörte das Klingeln. Sie ging hinüber, nahm das Handy und sah Alexanders Namen auf dem Display. Ohne zu zögern, nahm sie das Gespräch an.

„Hallo, Alexander“, meldete sich Lisa.

„Mama?“ Alexanders Stimme klang überrascht.

„Ja, ich bins“, erwiderte Lisa.

Alexander schwieg einen Moment, bevor sein Tonfall ernster wurde. „Wo ist Theresa?“

„Sie ist zu Hause, alles in Ordnung“, antwortete Lisa ruhig.

„Schick Theresa bitte mit den Unterlagen aus der Schreibtischschublade in meinem Arbeitszimmer zu mir“, sagte Alexander, ohne Verdacht zu schöpfen.

Als das Gespräch beendet war, hatte Stephanie das Telefonat aufmerksam beobachtet. Mit einem Hauch von Erwartung in ihrer Stimme fragte sie:

„Tante, war das Alexander?“

„Ja“, bestätigte Lisa.

„Alexander möchte, dass Theresa ihm die Unterlagen bringt. Theresa hat doch nur die Gelegenheit gehabt, Alexanders Frau zu werden, weil sie seine Sekretärin war“, sagte Lisa, während ihr Blick auf Stephanie ruhte.

Sie nahm Stephanies Hand und lächelte leicht:

„Steffi, hättest du damals nicht das Land verlassen, wäre alles anders gewesen. Alexander mochte dich so sehr. Wenn er dich geheiratet hätte, wäre Theresa nie an diese Stelle gekommen. Als Schwiegertochter der Familie Schmidt wärst du längst Mutter geworden, und Theresa hätte keine Chance gehabt! Warum gehst nicht du stattdessen, um Alexander die Unterlagen zu bringen?“

„Meinst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?“ fragte Stephanie zögerlich.

„Natürlich ist es das“, bestätigte Lisa. „Alexander hat dich seit Jahren nicht gesehen. Wenn er dich wiedersieht, wird er sich sicher freuen. Ich hoffe doch sehr, dass du mir bald einen Enkel schenken wirst!“

Stephanie wurde rot und senkte verlegen den Blick. „Tante, bitte sag so etwas nicht. Ich bringe ihm einfach erst einmal die Unterlagen.“

Lisas Worte ließen in Stephanie Hoffnung aufkeimen.

„Theresa hat Alexander doch nur geheiratet, weil es Großvater so entschieden hat. Und sie sind all die Jahre kinderlos geblieben, das zeigt doch, dass ihre Ehe ohne Liebe ist. Wer weiß, vielleicht hat Alexander die ganze Zeit auf mich gewartet und gehofft, dass ich zurückkomme.“

Stephanie setzte sich eine Sonnenbrille und eine Maske auf, um nicht erkannt zu werden, und verließ die Villa der Familie Schmidt.

Sie wollte Alexander überraschen und hatte sich fest vorgenommen, dafür zu sorgen, dass niemand in der Firma etwas davon erfuhr.

Alexander befand sich in seinem Büro. Er schaute auf die Uhr, die Zeit für die Besprechung rückte näher, doch Theresa war immer noch nicht da.

Schließlich hörte er Geräusche an der Tür.

Mit finsterer Miene drehte Alexander seinen Stuhl in Richtung Tür, ohne den Kopf zu heben, und sagte kühl:

„Weißt du überhaupt, wie spät es ist?“

Die Person vor der Tür schwieg.

Alexander fand es seltsam. Er hob den Blick und sah Stephanie in der Tür stehen.

„Alexander.“

Stephanie wirkte ein wenig unsicher, doch die Freude überwog. Die Person, nach der sie sich so sehr gesehnt hatte, stand nun vor ihr. Es fühlte sich für Stephanie wie ein Traum an.

Alexander war für einen Moment überrascht, wandte dann aber schnell den Blick ab:

„Warum bist du hier?“

Stephanie lächelte:

„Ich war heute in der Mansão dos Familie Schmidt und habe deine Tante besucht.“

Alexander runzelte die Stirn, seine Stimme klang kalt:

„Wer hat dir erlaubt, dorthin zu gehen?“

Diese Worte ließen Stephanies Lächeln gefrieren. Ein schmerzhafter Stich ging durch ihr Herz. Sie senkte den Blick und bemühte sich, ihre Emotionen zu kontrollieren:

„Ich bin zurückgekommen, und da wollte ich natürlich zuerst deine Tante besuchen. Außerdem bin ich hier, um dir etwas zu bringen.“

Behutsam beobachtete Stephanie Alexanders Reaktion, während sie eine Mappe aus ihrer Tasche zog. Alexander warf einen Blick auf sie. Die Dokumente, die eigentlich in Theresas Händen sein sollten, befanden sich nun bei Stephanie.
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